Wer eine Japanreise plant, der denkt wahrscheinlich als erstes an Hektik und Menschenmengen und als zweites an unüberwindbare Sprach- und Lesebarrieren. Dass es ganz entspannt und einfach geht, zeigt ein Ausflug nach Kyoto.
Die Straßen von Kyoto sind sauber, kein Zigarettenstummel weit und breit, obwohl die Japaner noch kräftig rauchen, wo immer es geht. Jedes Papierfitzelchen wird sorgsam von einer beflissenen Hand eingesammelt. Grafittis gibt es nicht, der Verkehr läuft ruhig und flüssig zu jeder Tageszeit, kein Hupen, kein Gedrängel.
Beste Voraussetzungen also, um mit dem Fahrrad die Stadt auf der Hauptinsel Honshu zu erkunden, die für mehr als 1000 Jahre Sitz des japanischen Kaisers war und mit ihren unzähligen Schreinen und Tempeln als eine der schönsten und traditionellsten Städte Japans gilt.
Fahrradverleiher gibt es an jeder Ecke ,und mit umgerechnet 8 Euro pro Tag ist es ein vergleichsweise günstiges Vergnügen in einem teuren Land. Ein Capuccino schlägt schnell mit 5 Euro zu Buche, eine Abendessen mit dem berühmten Kobe-Rind-Fleisch auf dem Teller endet problemlos im 5 stelligen Euro-Bereich.
Das Wetter spielt im Herbst fantastisch mit, die Tagestemperaturen liegen um 20 Grad, die herrliche Färbung des Laubes beginnt etwa 4 Wochen später als in unseren Gefilden.
Bei rund 1000 Sehenswürdigkeiten muss man sich entscheiden. Die Tour führt vorbei am alten Kaiserpalast, der nur mit Voranmeldung zu besuchen ist. In den weitläufigen Parkanlagen lässt sich aber der Luxus und die Grosszügigkeit der Anlage ermessen, vorbei am Nijo Castle und immer wieder an exotisch anmutenden Schreinen bis hinauf in die sanften Hügel zum Goldenen Pavillion, jenem wohl meist fotografierten Zen Tempel Japans.
Das zauberhafte Gebäude mit seinem goldenen Anstrich liegt in einem kleinen See inmitten eines kunstvoll angelegten Gartens. Der Tempel hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und musste nach einem Brandanschlag im Jahre 1955 sogar wieder ganz von den Grundmauern aufgebaut werden. Heute besuchen täglich tausende die Anlage und nehmen dem Ort etwas von seiner Ruhe und Gelassenheit.
In einer grossen Runde durch die Stadt geht es in die Hügel auf der Ostseite Kyotos. Immer wieder findet man auf dem Weg ruhige Orte , kleinere weniger bekannte Schreine, die zur Pause vom Radfahren einladen.
Doch bei den berühmten Stätten, drängeln sich die Touristen wie an jeder Sehenswürdigkeit auf der Welt.
So ein Highlight ist der Fushimi Inari-taisha Schrein, eine riesige Anlage , verteilt über einen ganzen Berg. Hier stehen tausende von roten Schrein-Toren hintereinander, mal wenige Zentimeter, mal einige Meter weit entfernt.
Der Besucher läuft 4 km weit durch einen Garten aus roter Farbe , treppauf , treppab. Ganz oben auf dem Hügel hat man eine wunderbare Sicht auf Kyoto und kann entscheiden, ob man die restlichen 1,5 km des Kyoto-Trail wandern möchte oder in einem Tempel am Gipfel zum Gebet einkehren will.
Hat man am Abend Lust auf Modere, dann bietet sich der Bahnhof Kyotos als Ziel an. Das futuristische Gebäude ist nicht nur Station für den superschnellen Shinkansen, sondern ein Treffpunkt der Kyoter zum Ausgehen und Essen.
Dabei sollte man die Treppe im Innenraum des Bahnhofs hochsteigen ,mit Blick auf das Glasdach, das einen Bambuswald nachahmt, immer höher bis zu einem Aussichtspunkt im Obergeschoss mit Blick über die Stadt und einer wunderbaren Sonnenuntergangsterrasse. Die Restaurants hier sind vielleicht nicht die besten der Stadt, doch bekommt man einen guten Eindruck über die Vielfalt der japanischen Küche, die uns doch hauptsächlich durch Sushi und Sashimi bekannt ist. Shabu Shabu oder Tepanyaki kann man zwar bei uns auch genießen, die Qualität der Lebensmittel ist aber vor Ort extrem gut und rechtfertigt den hohen Preis.
Wem die Beine noch nicht wehtun, der kann am zweiten Tag noch einen Fahrradausflug vor die Tore der Stadt machen. In Arashiyama hat man die Möglichkeit, einen meterhohen Bambuswald zu durchwandern . Der beliebte Aussenbezirk von Kyoto ist zwar gerade am Wochenende quirlig und überfüllt, die Ruhe und Entspannung beim Spaziergang durch die schlanken Bambus-Stämme, die ein grünes Dach über dem Besucher formen, wird aber auch durch kichernde junge Japanerinnern in traditionellen Kimonos nicht gestört.
Wer Kyoto besuchen will, der sollte schon im Vorfeld einen Schlafplatz in einem traditionellen Ryokan reservieren. Die Häuser sind schnell ausgebucht und vor Ort je nach Saison schwer zu bekommen.
Schade, wenn man sich dieses Erlebnis entgehen lassen muss.
Unbedingt einplanen sollte man von Kyoto aus eine Fahrt mit dem Schnellzug Shinkansen. In nur 2 Stunden und 40 Minuten ist man mit dem rasenden und äußerst pünktlichen Gefährt in der Millionenmetropole Tokio. Für diese Megacity muss man dann unbedingt noch ein paar Extratage einplanen.